Ein Ehepaar lebt seit vielen Jahren in einem gemeinsamen Einfamilienhaus. Nach 15 Jahren Ehe kommt es zur Trennung. Die Ehefrau zieht zu ihrem neuen Partner, der in einem eigenen Haus lebt. Beide Ehegatten sind sich einig: Eine Scheidung sei „nicht nötig“, man sei ja ohnehin getrennt. Eine notarielle Vereinbarung über das gemeinsame Haus, Vermögen oder Erbansprüche wird nicht getroffen.
Das Haus bleibt im Eigentum des Ehemanns, dort wohnen weiterhin die gemeinsamen Kinder. Der Ehemann beginnt eine neue Beziehung, seine Partnerin zieht ein. Die Ehefrau lebt mit ihrem neuen Partner zusammen und wird schwanger.
Kurz bevor der neue Partner sie aus dem Haus wirft, verstirbt der Ehemann plötzlich und unerwartet. Ein Testament liegt nicht vor. Die Ehefrau steht nun schwanger und ohne Wohnung da. Sie beansprucht das gemeinsame Haus, fordert, dass die neue Lebensgefährtin des Ehemanns ausziehen muss, und will alternativ ihren Anteil am Nachlass geltend machen.
Da keine Scheidung eingeleitet und kein Testament errichtet wurde, greift die gesetzliche Erbfolge (§ 1931 BGB).
Die Ehefrau ist gesetzliche Erbin, obwohl sie seit fünf Jahren getrennt lebt. Nach deutschem Recht verliert der Ehegatte sein Erbrecht nur, wenn die Ehe geschieden ist oder der Erblasser die Scheidung beantragt hat und der andere Ehegatte zugestimmt hatte (§ 1933 BGB). Das ist hier nicht geschehen.
Da kein Testament existiert, erhält die Ehefrau die Hälfte des Nachlasses, wenn der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft galt. Die andere Hälfte geht an die Kinder.
Für die neue Lebensgefährtin des Verstorbenen bedeutet das: Sie geht leer aus. Selbst langjähriges Zusammenleben oder finanzielle Beteiligung am Haushalt begründen kein gesetzliches Erbrecht.
Gehört das Haus ausschließlich dem Ehemann, fällt es vollständig in den Nachlass. Die Ehefrau wird dann Miterbin und ist über die Erbengemeinschaft am Haus beteiligt.
Gehört das Haus beiden Ehegatten, erbt die Frau zusätzlich den Anteil des Verstorbenen und wird somit Alleineigentümerin.
In beiden Fällen kann sie rechtlich verlangen, dass die neue Lebensgefährtin auszieht. Diese hat kein Besitzrecht, da sie nicht im Grundbuch steht und keine eheähnliche Schutzregel greift. Nur eine kurzfristige „Dreimonatseinräumung“ (§ 1969 BGB) kann ihr ein vorübergehendes Wohnrecht gewähren, um Zeit zum Auszug zu gewinnen.
Zum Zeitpunkt des Todes ist die Ehefrau noch verheiratet. Nach § 1592 Nr. 1 BGB gilt daher: Vater eines Kindes ist der Mann, der mit der Mutter verheiratet ist – auch wenn biologisch ein anderer Mann der Vater ist.
Das ungeborene Kind gilt somit rechtlich als Kind des verstorbenen Ehemanns und wird automatisch Erbe.
Damit erweitert sich der Kreis der Erben:
Das Kind tritt seine Erbposition mit der Geburt an – und hat damit dieselben Rechte wie die übrigen Kinder.
Die Ehefrau verlangt „ihren Pflichtteil“. Ein solcher Anspruch besteht jedoch nur, wenn jemand enterbt wurde (§ 2303 BGB). Da kein Testament vorliegt, ist die Ehefrau gesetzliche Erbin und erhält ihren Anteil direkt – kein Pflichtteil.
Ein Pflichtteilsanspruch wäre nur relevant, wenn der Ehemann sie testamentarisch enterbt hätte. Dann hätte sie Anspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, also ein Viertel des Nachlasses.
Die neue Partnerin des Verstorbenen hat keine gesetzlichen Rechte. Weder Erbansprüche noch Wohnrechte bestehen ohne schriftliche Vereinbarung oder Testament.
Sie kann von den Erben (Ehefrau und Kinder) zur Räumung des Hauses aufgefordert werden.
Nur aus Kulanz oder sozialer Rücksicht könnten die Erben ihr eine befristete Nutzung gewähren, etwa bis zum Ablauf der Dreimonatsfrist.
Dieser Punkt zeigt ein häufiges Problem moderner Patchwork-Konstellationen: Ohne klare vertragliche oder testamentarische Regelung bleibt der neue Lebenspartner im Todesfall vollständig schutzlos.
Die Ehefrau erbt die Hälfte des Nachlasses. Angenommen, das Haus ist der Hauptwert, wird sie automatisch Miteigentümerin oder sogar Alleineigentümerin.
Die Kinder – einschließlich des ungeborenen Kindes – erben die andere Hälfte. Sie bilden mit der Ehefrau eine Erbengemeinschaft. Diese muss sich einigen, ob das Haus behalten, verkauft oder untereinander aufgeteilt wird.
In der Praxis führen solche Fälle oft zu erheblichen Konflikten: Die Ehefrau will das Haus nutzen, während die Kinder möglicherweise ihren Anteil ausgezahlt haben möchten.
Der entscheidende Punkt: Die bloße Trennung beseitigt das Erbrecht nicht.
Erst eine rechtskräftige Scheidung oder ein laufendes Verfahren mit Zustimmung des anderen Ehegatten entzieht dem Ehepartner das gesetzliche Erbrecht.
Viele getrennt lebende Ehepaare übersehen diesen Umstand – mit teils dramatischen Folgen. Wer über Jahre getrennt lebt, bleibt trotzdem Erbe, Pflichtteilsberechtigter und unterhaltspflichtig.
Dieser Fall zeigt deutlich, wie wichtig klare rechtliche Regelungen sind – insbesondere bei dauerhafter Trennung und neuen Lebenspartnerschaften.
Rechtsanwalt Kirchhoff aus Berlin rät deshalb:
Wer getrennt lebt, sollte rechtzeitig handeln. Nur durch eine rechtliche Gestaltung lassen sich Streit, Unsicherheit und ungewollte Folgen im Erbrecht vermeiden.
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